Informationen aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des
Europäischen Parlaments von Sahra Wagenknecht, MdEP, Mitglied in der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL).

News from the Committee on Economic and Monetary Affairs (ECON)

22.11.2007

Die Globalisierung ist kein naturläufiger Prozess, sie ist Ergebnis von Politik!
    Rede von Sahra Wagenknecht am 14. November 2007
Alles nur eine Frage der Information!
    Was das Europäische Parlament zur Globalisierung zu sagen hat
Der Bolkestein-Hammer in der Praxis
    Handbuch zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie erschienen
Privatisierungsdruck wird fortgesetzt
    Die Mitteilung der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse
Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2008
Entschließung des Europäischen Parlaments zu internationalen Rechnungslegungsstandards

Die Globalisierung ist kein naturläufiger Prozess, sie ist Ergebnis von Politik!

Rede von Sahra Wagenknecht am 14. November 2007 im Europäischen Parlament

"Werte Kolleginnen und Kollegen,

die Globalisierung ist kein naturläufiger Prozess, auch wenn das gern so dargestellt wird, sie ist selbst Ergebnis von Politik. Sie wurde politisch gemacht mit jeder Maßnahme zur weiteren Deregulierung und Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs, mit der Erpressung von Entwicklungsländern, ihre Kapitalmärkte zu öffnen und ausländische Übernahmen zuzulassen, - sie wird gemacht von den großen Industriestaaten und nicht zuletzt von der Europäischen Union.

Was der Begriff der Globalisierung eigentlich umschreibt, ist nicht die Internationalisierung der Wirtschaft, sondern die von keiner nationalen Regulierung mehr behinderte Macht von Vermögensbesitzern, Banken und Konzernen, ihr Geld ohne Rücksicht auf soziale Konsequenzen dahin zu schieben, wo es die höchste Rendite bringt. Darin eingeschlossen ist die Macht, die einzelnen Länder als "Standorte" gegeneinander auszuspielen und so immer bessere Voraussetzungen für Profitmaximierung zu erzwingen.

Hinter dem Ziel der „Wettbebewerbsfähigkeit" verbirgt sich genau das: sinkende Unternehmenssteuern, zerstörte soziale Netze, brutales Lohndumping. Mit anderen Worten: ein immer unkontrollierterer Kapitalismus.

In diesem Sinne hat die Globalisierung natürlich nicht nur Verlierer, sie hat auch satte Profiteure, zu ihnen gehören die europäischen Konzerne, die sich dabei zu Global Playern entwickelt haben und deren Gewinnentwicklung in den letzten Jahren wenig Wünsche offen ließ.

Der großen Mehrheit allerdings kommt diese Entwicklung nicht zugute. Im Gegenteil. Ungezügelter Kapitalismus ist das Faustrecht des Kapitalstarken und die Ausbeutung und Unterdrückung des Kapitalschwachen. Die vorliegende Resolution, die diese Verhältnisse schönredet, wird unsere Zustimmung nicht bekommen. Wir werden statt dessen weiter für eine andere wirtschaftliche Ordnung in Europa kämpfen, eine, in der Menschen nicht länger nur Kostenfaktoren und Länder mehr als bloße Standorte sind."

Alles nur eine Frage der Information!

Was das Europäische Parlament zur Globalisierung zu sagen hat 

Am 03.Oktober 2007 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Mitteilung unter dem Titel "Das europäische Interesse: Erfolg im Zeitalter der Globalisierung". Geschrieben worden war sie als "Beitrag der Kommission für die Oktober - Tagung der Staats- und Regierungschefs". In diesem Papier wird die Globalisierung rundherum positiv beschrieben. Eine Kostprobe: "Der Einfluss der Globalisierung wird in allen Lebensbereichen wahrgenommen. Die Globalisierung öffnet Türen (sic!), schafft neue Möglichkeiten, weckt Erwartungen". Dem Staat soll dabei nicht etwa die Rolle zukommen, den davon negativ betroffenen Menschen Schutz vor den Unbilden dieser Entwicklung zu bieten, sondern er soll vielmehr "den Bürgern dabei helfen, sich auf den Wandel einzustellen". Das Ziel der Globalisierung - das Aufbrechen von Märkten in dritten Ländern - wird dabei nicht aus den Augen verloren: "Die EU wird sich weiter dafür einsetzen, Handels- und Investitionsschranken abzubauen, gleichzeitig aber auch mit Nachdruck dafür sorgen, dass unfairen Handels-, Investitions- und Wettbewerbspraktiken ein Riegel vorgeschoben wird."  

Wer nun glaubte, das Europäische Parlament hätte mit seiner am 15. November 2007 verabschiedeten Resolution Korrekturen an diesen zentralen Aussagen vorgenommen, sieht sich enttäuscht. Nach einigem Hin und Her einigten sich die Fraktionen von Sozialdemokraten, Konservativen, Liberalen und Rechtsnationalen auf einen gemeinsamen Text, der diese rosige Wertung der Kommission weitgehend teilte. So kann man gleich unter Paragraf eins lesen: "Das EP verweist darauf, dass die Globalisierung der Wirtschaft für die EU-Volkswirtschaften neue Möglichkeiten schafft, die in den nächsten Jahrzehnten eine noch wichtigere Rolle spielen werden und zusätzliche Gewinne durch Nutzung von Größenvorteilen, Umfang, städtische Ballungsgebiete, Netze und positive Reputation erbringen." Auf welche Weise diese Gewinne realisiert werden sollen, erfährt man aus der Erwägung C wonach die "erweiterte Europäische Union eine einmalige Mischung aus hoch entwickelten Industrieländern und konvergierenden Niedriglohnländern darstellt, was es ermöglicht, Kosten einzusparen, interne und externe größenbedingte Einsparungen zu verwirklichen und dem deflationären und inflationären Druck der Schwellenwirtschaften standzuhalten".

Wer es also bisher nur geahnt hatte, findet es hier Schwarz auf Weiß geschrieben: Der enorme Lohn- und Einkommensunterschied zwischen alten und neuen Mitgliedsländern ist demnach gar kein Makel der EU. Nein, er ist vielmehr ein Konkurrenzvorteil im weltweiten Wirtschaftskrieg! Im Abschnitt "Weltweite Ordnungspolitik" unterstützt das EP die aggressive Politik der Kommission mit dem Ziel der Marktöffnung ausdrücklich. Die Kommission wird unter Paragraf 28 aufgefordert, sicherzustellen, "dass die bilateralen Handelsabkommen der Europäischen Union und die multilateralen WTO-Handelsübereinkommen in Einklang mit den Bestimmungen des Übereinkommens zur Gründung der WTO geschlossen werden; (das EP) fordert die Kommission auf, auch weiterhin auf ein ehrgeiziges Ergebnis der Doha-Ministererklärung hinzuarbeiten". Dabei wird vom Parlament das Bündnis mit den USA gesucht: "Das EP ist der Auffassung, dass sich der transatlantische Markt als angemessenes Instrument für einen wirksamen Schutz der Handelsinteressen der Europäischen Union sowie für ihre nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft erweisen könnte."(Paragraf 29)

Schade nur, dass die Bürgerinnen und Bürger Europas die Globalisierung im Allgemeinen ganz anders sehen. Mit Bedauern wird daher in Paragraf 20 festgestellt, "dass die EU-Bürger Globalisierung oft mit einer sinkenden europäischen Wirtschaftsleistung und Arbeitsplatzverlusten gleichsetzen". Doch das ist alles nur eine Frage der Information. Und deshalb heißt es auch in demselben Paragrafen sogleich weiter: Das EP "fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die europäischen Bürger besser über alle Aspekte der Globalisierung und die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen Politik zur Bewältigung der Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft zu informieren." So einfach ist das also.  

Bleibt zum Schluss hinzuzufügen, dass so gut wie alle anwesenden sozialdemokratischen Abgeordneten dieser Resolution zustimmten, darunter waren auch die der SPD. Lediglich vier Mitglieder der SPE - Fraktion konnten dem nicht folgen. Alle vier Aufrechten kommen übrigens aus Frankreich.  Die linke Fraktion GUE/NGL lehnte diesen Text hingegen geschlossen ab. Sie hatte dazu ihren eigenen Resolutionsentwurf vorgelegt.

aw

Der Bolkestein-Hammer in der Praxis

Handbuch zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie erschienen

Vor knapp einem Jahr wurde in Brüssel die Dienstleistungsrichtlinie verabschiedet, die bis Dezember 2009 in nationales Recht umgesetzt werden soll. Zur Klärung von Fragen, die bei der praktischen Umsetzung der Richtlinie auftauchen, hat die Kommission nun ein "Handbuch zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie" veröffentlicht.

Im ersten und zweiten Kapitel des Handbuchs geht es um den Anwendungsbereich der Richtlinie. Dort wird u.a. klargestellt, dass die "Dienstleistungsrichtlinie auf alle Dienstleistungen Anwendung findet, die nicht ausdrücklich von der Richtlinie ausgenommen sind", wobei "der Begriff der „Dienstleistung“ im Einklang mit dem EG-Vertrag und der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH sehr weit definiert" ist und jede selbständige wirtschaftliche Tätigkeit umfasst, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird.

Und damit niemand auf die Idee kommt, dass über Bereiche wie das Gesundheitswesen, die nach heftigen Protesten von der Richtlinie ausgenommen wurden, künftig die Mitgliedstaaten allein entscheiden dürfen, wird außerdem betont, dass auch "Angelegenheiten, die aus dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen sind, weiterhin vollständig dem EG-Vertrag unterliegen. Selbstverständlich fallen die ausgenommenen Dienstleistungen auch in Zukunft unter die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit..."

Kapitel drei und vier des Handbuchs befassen sich mit dem Verhältnis der Dienstleistungsrichtlinie zu anderen Rechtsbereichen (Strafrecht, Arbeitsrecht & Sozialversicherungsgesetzgebung, Grundrechte, internationales Privatrecht) sowie anderen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts. In Kapitel fünf, neun und zehn geht es um Fragen der Verwaltungsvereinfachung, der Verwaltungszusammenarbeit sowie um die Überprüfung der Gesetzgebung und gegenseitige Evaluierung ihrer Umsetzung.

Kernstück des Handbuchs dürften jedoch Kapitel 6, 7 und 8 sein. Dort sind  detaillierte Bestimmungen zur Niederlassungsfreiheit, zur Dienstleistungsfreiheit und zur Qualität der Dienstleistungen aufgeführt, d.h. dort werden noch einmal die Verpflichtungen, Anforderungen und Verbote definiert, die sich aus der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ergeben.

In ihrem Handbuch stellt die Kommission zu Recht fest, dass die umstrittene Bolkestein-Richtlinie "eine große Bandbreite unterschiedlicher Dienstleistungen abdeckt und ... wahrscheinlich eine erhebliche Anzahl nationaler Rechtsvorschriften und Regulierungen beeinflussen wird." Und sollte es nicht gelingen, die Bestimmungen der Richtlinie im Zuge der Umsetzung in nationales Recht noch deutlich zu entschärfen, wird die entfesselte Konkurrenz in den Dienstleistungsbranchen in ganz Europa zu massivem Lohndumping und einer Absenkung von Qualitäts- und Verbraucherschutzstandards führen.

lk

Privatisierungsdruck wird fortgesetzt

Die Mitteilung der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.

Am 20. November stellte die europäische Kommission ihre "Vision für einen modernen Binnenmarkt für alle" vor. In diesem Kontext wurde auch eine Mitteilung zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse veröffentlicht sowie drei ergänzende Arbeitspapiere vorgestellt: Ein Arbeitspapier welches die Entwicklung seit dem Weißbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (2004) nachzeichnet, ein zweites Arbeitspapier zu staatlichen Beihilfen und ein drittes Arbeitspapier, das sich mit Vorschriften zum öffentlichen Auftragswesen bei Sozialdienstleistungen beschäftigt.

Die Mitteilung zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die den Anspruch hat, "Klarheit und Sicherheit in das EU-Regelwerk (zu bringen), indem es die Rolle der Union definiert" ist ein weiterer Beweis für die Hartnäckigkeit der Kommission, die ungeachtet aller Proteste weiterhin massiven Druck zur Liberalisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Dienstleistungen ausübt. Zwar haben inzwischen mehr als eine halbe Million Menschen eine Petition unterschrieben, in der die Kommission aufgefordert wird, Gesetzesinitiativen zur Förderung und zum Schutz hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen für alle auf den Weg zu bringen. Die Hoffnung, man könne die Kommission dazu bewegen, eine Rahmenrichtlinie auszuarbeiten, die den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge den Regeln des freien Marktes bzw. den europäischen Wettbewerbs- und Vergabebestimmungen entzieht, dürfte mit der jüngsten Mitteilung jedoch einen neuen Dämpfer erhalten haben. 

So stellt die Mitteilung beispielsweise klar, dass es - mit Ausnahme von Bereichen wie Polizei, Justiz oder der gesetzlichen Sozialversicherung - so gut wie keine Dienstleistungen gibt, die als "nichtwirtschaftlich" eingestuft werden. Denn sobald für eine Dienstleistung Geld fließt - egal ob von privater oder von staatlicher Seite - soll diese in Zukunft als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gelten und unter die Wettbewerbsregeln fallen. Damit dürfte eines klar sein: Der Kampf zur Verteidigung der öffentlichen Daseinsvorsorge gegen den europäischen Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck muss weitergeführt und verstärkt werden!

lk

Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2008

Am 14. November fand im europäischen Parlament eine Debatte über das Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2008 statt. Viel Neues enthält das Programm nicht - vielmehr knüpft es nahtlos an die verfehlte Politik der Vergangenheit an: "Die Kommission wird sich auch 2008 darauf konzentrieren, Ergebnisse im Rahmen der allgemeinen strategischen Ziele zu liefern, die sie zu Beginn ihrer Amtszeit festgelegt hat: Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und Freiheit und ein stärkeres Europa in der Welt" heißt es in der Einleitung zum Arbeitsprogramm. Wer jenseits dieser Floskeln etwas über die anstehenden Gesetzesinitiativen erfahren will, sollte bis zum "Verzeichnis der strategischen und vorrangigen Initiativen" auf Seite 16 vorblättern.

So geht aus der Auflistung auf S. 16ff. beispielsweise hervor, dass die Kommission für 2008 ein Maßnahmenpaket Energie mit diversen Richtlinien (über Erdölvorräte und über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden) plant. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt der Kommission im Jahr 2008 dürften die Bereiche Migration und Asyl sein - so sollen etwa im Rahmen des "Maßnahmenpakets Asyl" gleich vier Richtlinien geändert werden.

Was die europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik betrifft, so ist im Jahr 2008 mit folgenden legislativen Maßnahmen zu rechnen:

- Die Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG über die Eigenkapitalausstattung von Finanzinstituten (BASEL II) sollen geändert werden;

- es soll ein Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft erarbeitet werden;

- die bestehenden Rechtsvorschriften zu ermäßigten Mehrwertsteuersätzen sollen überprüft werden;

- es soll eine Verordnung über einen Rechtsrahmen für den Aufbau und den Betrieb neuer gesamteuropäischer Forschungsinfrastrukturen erlassen werden;

- es wird im Zsh. mit der möglichen Erweiterung der Eurozone einen Beschluss und eine Verordnung geben;

- es sind Verordnungen im Bereich Umweltmanagement und zur Revision des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens geplant;

- die Förderregelungen für benachteiligte Gebiete werden überarbeitet, um eine bessere Abgrenzung der benannten Gebiete zu ermöglichen;

-  die Richtlinie 94/45/EG über Europäische Betriebsräte soll überarbeitet werden;

Schließlich soll ein Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie über die vertraglichen Rechte der Verbraucher erarbeitet und "somit die Rechtssicherheit für Verbraucher und Unternehmer verbessert werden." Entgegen vollmundiger Ankündigungen ist mit durchgreifenden Verbesserungen in Sachen Verbraucherschutz allerdings nicht zu rechnen. Zwar hatte die Kommission ursprünglich geplant, das "Herkunftslandprinzip" auch auf den Verbraucherschutz anzuwenden, was bedeutet hätte, dass bei grenzübergreifenden Verträgen grundsätzlich die Gesetze des Landes gegolten hätten, in dem der Verbraucher ansässig ist. Wie die FTD berichtete, wird von diesem Vorhaben jedoch vermutlich Abstand genommen, da "die europäische Wirtschaft ... gegen die Pläne Sturm gelaufen" war.

lk

Entschließung des Europäischen Parlaments zu internationalen Rechnungslegungsstandards

Eine von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Entscheidung traf das Europäische Parlament am 14. November 2007 zu internationalen Rechnungslegungsstandards. Es geht dabei um den Internationalen Finanzberichtsstandard (IFRS 8) bezüglich der Berichterstattung über Geschäftssegmente. Was hat es damit auf sich? So gut wie unbekannt ist, dass diese Standards von einer privaten Agentur mit Sitz in London, des International Accounting Standards Committee Foundation/ International Accounting Standards Boards (IASB), ausgearbeitet werden. Traditionell bestimmend sind dort die Interessen der US-amerikanischen Großunternehmen. Und so ging es bei der Übernahme der Internationalen Finanzberichtsstandards (IFRS 8) in Wahrheit um nichts anderes als um die Akzeptierung des amerikanischen Standards SFAS 131 (Statement of Financial Standard). Dadurch nun, dass die Europäische Kommission IFRS 8 übernahm, integrierte sie diesen US - amerikanischen Standard in das EU - Recht.

An dieser Praxis gab es Kritik im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, selbst von konservativer Seite aus. In einem Arbeitspapier vom März 2007 hatte der CSU-Europaabgeordnete Alexander Radwan die Übernahme der amerikanischen Standards noch scharf kritisiert. Die Arbeit der in London ansässigen Agentur wurde darin von ihm als "intransparent" und abseits "demokratischer Kontrolle" bezeichnet. Hintergrund dieser Kritik waren Klagen von Interessensvertretern vor allem der deutschen mittelständischen Industrie über die fehlende Bereitschaft des IASB in London auch ihre Interessen zu berücksichtigen. Zu offensichtlich ist die Tatsache, dass in diesen Gremien die Großindustrie unter sich ist.

Erst nach mehreren Diskussionsrunden und der Vorlage einer vom Parlament in Auftrag gegebenen Studie war die Mehrheit im Ausschuss bereit, der Kommission in dieser Frage am Ende doch zu folgen, wieder einmal. Lediglich einige kritische Anmerkungen gab man ihr in der nun auch vom Parlament angenommenen Entschließung mit auf den Weg. So bedauerte man in Punkt 2, "dass die Kommission bei ihrer Folgenabschätzung weder die Interessen der Anwender noch die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen in mehr als einem Mitgliedstaat sowie von lediglich auf lokaler Ebene tätigen Unternehmen ausreichend berücksichtigt hat." Doch sehr viel wirkungsvoller wäre die Ablehnung der kritisierten Übernahmepraxis der Kommission gewesen. Dazu konnte sich das Parlament aber nicht durchringen. Die Linksfraktion im Parlament konnte dieser, am Ende doch sehr harmlosen Entschließung nicht zustimmen.

aw 

Redaktion

Impressum

Sahra Wagenknecht

MdEP, Koordinatorin für die Fraktion GUE/NGL im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments

Parlament Européen
Rue Wiertz, ASP 6F258
B-1047 Brüssel
Belgien
fon: +32-2-284 56 19
fax: +32-2-284 96 19

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