Informationen aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des
Europäischen Parlaments von Sahra Wagenknecht, MdEP, Mitglied in der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL).

News from the Committee on Economic and Monetary Affairs (ECON)

13.09.2007

Wie kann eine Sozialisierung der Verluste verhindert werden?
    Fragen an Jean-Claude Trichet
Kein Kapitalismus ohne Krisen
    Zur aktuellen Dynamik der "Blasenökonomie"
EU-Parlament diskutiert über Folgen der US-Hypothekenkrise
    Beruhigungspillen vom Kommissar und radikale Worte von Sozialdemokraten
Sächsische Sumpfblüten
    Das Ende der Sachsen LB
Privatisierung von Landesbanken muss verhindert werden!
    Für eine Neuausrichtung des öffentlichen Bankensektors
Stadtwerke in öffentliche Hand!
    Bürgerbegehren in Leipzig gegen Teilprivatisierung der Stadtwerke

Wie kann eine Sozialisierung der Verluste verhindert werden?

Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise lud die ECON-Vorsitzende Pervenche Berès für den 11. September 2007 zu einem außerordentlichen Hearing mit EZB-Chef Jean-Claude Trichet ein. Doch abgesehen von unverbindlichen Forderungen nach "mehr Transparenz" und dem guten (allerdings etwas späten) Rat, sich künftig weniger auf die Urteile von Ratingagenturen zu verlasssen, hatte er zur zentralen Frage, welche Lektionen aus der Krise gezogen werden sollten, nur wenig zu sagen.

Auch auf die folgenden Fragen von Sahra Wagenknecht, die wir im Folgenden dokumentieren, blieb er eine ernsthafte Antwort schuldig.

FRAGEN VON SAHRA WAGENKNECHT AN JEAN-CLAUDE TRICHET:

Die Ereignisse der letzten Wochen haben eindeutig gezeigt, dass die einst gefeierten Finanzinnovationen keineswegs, wie immer behauptet wurde, die Stabilität des Finanzsystems durch Streuung des Risikos gestärkt haben, sondern dass sie wesentlich dafür verantwortlich sind, dass Kredite mit derart hohem Ausfallrisiko überhaupt vergeben wurden.

Obwohl viele dieser Wertpapiere und Derivate nach jetzigem Wissen als weitgehend wertlos angesehen werden müssen, haben Investmentbanker , Hedge Fund Manager und andere Betiligte im handel mit dieser heißen Luft sehr, sehr viel Geld verdient. Haben Sie irgendeine Idee, wie Sie dazu beitragen können, dass diejenigen, die sich beim Aufblasen der Kreditblase eine goldene Nase verdient haben, jetzt auch tatsächlich die Verluste tragen?

Ist nicht das heutige globale Finanzsystem gerade so strukturiert, dass zumindest die Global Player im Finanzgeschäft sich im Grunde jedes Risiko leisten können, weil sie sich darauf verlassen können, dass keine Zentralbank den Zusammenbruch eines wirklich großen Hedge Funds oder einer großen Investmentbank zulassen wird, weil die dadurch ausgelösten Kettenreaktionen die globale Finanzarchitektur aus den Angeln heben würden? Die FED zumindest hat bisher immer so agiert und wird das wohl auch weiterhin tun. Aber ist das nicht der eigentliche Fehler im System, der zeigt, dass es bereits in seinem Fundament krank ist?

Kein Kapitalismus ohne Krisen

Es war klar, daß die Spekulationsblase an den US-amerikanischen Immobilienmärkten einmal platzen würde. Etwa ein Viertel aller US-amerikanischen Hypothekenkredite wurden im letzten Jahr an Menschen mit zweifelhafter Bonität vergeben (so genannte Subprime borrowers). Schätzungen zufolge beläuft sich das Volumen der Subprime-Kredite auf insgesamt 1,5 Billionen US-Dollar - wobei jeder fünfte Subprime-Kreditnehmer nicht mehr in der Lage ist, seine Hypothek zu bezahlen.

Wie konnte eine solche Kreditblase auf den Immobilienmärkten entstehen? Die tieferen Ursachen sind sicherlich in der kapitalistischen Wirtschaftsweise zu suchen: Wachsender Reichtum auf der einen Seite bei Lohn und Sozialkürzungen auf der anderen Seite führen immer wieder zu dem Problem, dass überschüssiges Kapital akkumuliert wird, welches verzweifelt nach einer gewinnträchtigen Anlage sucht. Und je geringer die Staats- und Konsumnachfrage im Inland, desto stärker der Druck, das Kapital zu exportieren, andere Unternehmen aufzukaufen oder das Kapital in möglichst lukrative Vermögens- und Finanztitel anzulegen.

Eine zusätzliche Rolle spielte das verfehlte Krisenmanagement im Anschluss an den Crash auf den Aktienmärkten 2000/2001: So hatte die US-Zentralbank die Zinssätze in den Jahren 03/04 auf magere 1 Prozent gesenkt, was -  ebenso wie die Akkumulation beträchtlicher Währungsreserven durch asiatische  Schwellenländer - die weltweite Liquidität anschwellen ließ und damit zur Vermögenspreisinflation beitrug.

Dass ausgerechnet US-Immobilien über Jahre hinweg in den Genuss zweistelliger Preissteigerungsraten kamen, hat außerdem mit "Finanzinnovationen" zu tun, die es den Kreditgebern erlaubten, die Risiken aus dem Subprime-Geschäft global zu streuen. Die dabei angewandte Technik nennt sich Verbriefung und wurde schon im Anschluss an die internationale Verschuldungskrise der achtziger Jahre entwickelt, als westliche Banken verzweifelt versuchten, Kredite an zahlungsunfähig gewordene Schwellenländer aus ihren Bilanzen zu tilgen. Die Grundidee der Verbriefung besteht darin, Kreditforderungen in Wertpapiere (sogenannte Asset Backed Securities ABS) umzuwandeln, die auf den internationalen Finanzmärkten gehandelt werden können. Allein im letzten Jahr wurden US-Hypothekenkredite im Wert von etwa 1,9 Billionen US-Dollar in Wertpapiere umgewandelt und weiterverkauft - nach Angaben eines Experten der Dresdner Bank dürfte ein Viertel dieser Wertpapiere auf Subprime-Hypotheken basieren (Vgl. den Beitrag von Hartmann in: Panel of experts in the area of Financial Services (Hrsg.): Statements on the Financial Crisis. August 2007, S. 8.)

Doch was ursprünglich als Vorzug dieser Finanzinnovationen gepriesen wurde (Risiken werden über komplizierte Kettengeschäfte auf viele Schultern verteilt) erweist sich nun als Hauptgrund für die aktuelle Kreditklemme an den internationalen Finanzmärkten: Da niemand weiß, wo sich die Risiken befinden bzw. wer für die Verluste am Ende aufkommen muss, mag auch niemand mehr Kredite vergeben oder gar zweifelhafte Wertpapiere aufkaufen. Dieser allgemeine Vertrauensverlust erklärt die "Feuerwehraktionen" von Zentralbanken wie der EZB, die auch gestern wieder auf das Versagen des Interbankenmarktes mit einer Liquiditätsspritze in Höhe von 75 Mrd. €  reagiert hat.

Auf den ersten Blick gleichen die deregulierten Finanzmärkte einem Hexenmeister, dem die Geister außer Kontrolle geraten, die er selbst geschaffen hat. Doch wenn dem so ist - warum weigern sich die Verantwortlichen bislang so hartnäckig, die Lektionen aus der Finanzkrise zu ziehen? Vernünftige Vorschläge hierzu wurden schon zur Genüge gemacht: Sie reichen von Maßnahmen zur Stärkung der Staats- und Konsumnachfrage über Forderungen nach einem Verbot von Kreditverbriefungen bis hin zu einer stärkeren Kontrolle von Hedgefonds und anderer Finanzakteure. Doch leider kann man sich nicht einmal dazu durchringen, den außerbilanziellen Geschäften der Banken mit speziellen Zweckgesellschaften (Conduits) Einhalt zu gebieten, und statt die  europaweite Immobilienspekulation über sogenannte REITs einzudämmen, wird diese auch noch gefördert. 

Es kann also vermutet werden, dass die größeren Player auf den Finanzmärkten an öffentlicher Regulierung und Kontrolle kein Interesse haben, da sie an den Geschäften mit hochkomplexen Finanzprodukten allzu gut verdienen - wohl wissend, dass der Großteil der Risiken auf kleinere und schwächere Marktteilnehmer abgewälzt werden kann. Und wohl wissend, dass ihre Macht ausreichend ist, um im Ernstfall eine Überwälzung eigener Verluste auf die Allgemeinheit, d.h. den Steuerzahler zu erzwingen.

(lk)

EU-Parlament diskutiert über Folgen der US-Hypothekenkrise

Auf seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause am 5. September 2007 gab es im Europäischen Parlament eine Aussprache über die "Finanzielle Instabilität und ihre Auswirkungen auf die Realwirtschaft"

Angesichts der aus den USA herüberschwappenden Finanzkrise, enormen Verlusten durch abenteuerliche Finanzspekulationen - in Deutschland etwa bei der IKB und der Sächsischen Landesbank - ist es mehr als angebracht, dass sich auch das Europäische Parlament mit dieser akuten Krise beschäftigt.

Der Ertrag war jedoch mager. Wer erwartet hatte, dass die Kommission angesichts der offensichtlichen Mängel bei der Beaufsichtigung von Hedge- und Equity-Fonds sowie von Rating-Agenturen einschneidende Schritte zur Besserung der Lage auf dem Finanzmarkt unternimmt, sah sich getäuscht. Der für Wirtschaft zuständige Kommissar Joaquin Almunia nutzte die Aussprache, um einmal mehr Beruhigungspillen zu verteilen. Nach seinen Worten ist "die europäische Wirtschaft stark genug, um den von der Hypothekenkrise ausgehenden Turbulenzen widerstehen zu können." Noch sei ja so gut wie gar nichts passiert, da die "Fundamentaldaten in Europa solide und von den Turbulenzen noch nicht erkennbar berührt seien". Aber es sei jetzt - so Almunia - schließlich "auch noch zu früh, um abschließend zu urteilen". Bereits wenige Tage zuvor, am 3. September 2007 in Madrid, hatte Almunia behauptet, dass sich die Krise nicht auf die Wachstumsprognosen für die Eurozone und die Europäische Union für das Jahr 2007 auswirken werde, da, so die erstaunliche Wahrnehmung Almunias, aufgrund des dynamischen Wachstums der ersten beiden Quartale 2007 "die Prognosen praktisch schon eingetreten sind". Mit anderen Worten: übers Jahr gesehen behalte man mit seinen Voraussagen schon Recht, komme was da wolle. Es versteht sich, dass man aus einer solchen Position heraus gut argumentieren kann, eben nichts unternehmen zu müssen.

Die fast einhelligen Forderungen der Parlamentarier nach besseren Aufsichtsregelungen für Hedge- und Equity-Fonds sowie Rating-Agenturen gingen bei soviel Unbekümmertheit auf Seiten der Kommission denn auch ins Leere. Dass die Kommission hier keinerlei Handlungsbedarf sieht, erklärt ja Kommissar McCreevy schon seit Monaten. Auch in der Parlamentsdebatte warnte er abermals davor, "Hedge-Funds zu dämonisieren". Es waren nun in Straßburg vor allem sozialdemokratische Abgeordnete, die - wie die Vorsitzende des ECON-Ausschusses, Pervenche Bères, - "verbesserte Aufsichtsmaßnahmen" forderten. Der Luxemburger PS-Abgeordnete Robert Goebbels erklärte gar, dass die Finanzmärkte "extrem gefährlich geworden seien". Und die niederländische Sozialdemokratin Ieke van den Burg sprach "von der Verbindung zwischen der Krise und dem Mangel an Regulierung, Information und Transparenz in diesem Sektor". Und sie fügte hinzu: "Die gegenwärtige Architektur über die Aufsicht in der EU ist zu zersplittert, um mit diesen komplexen Produkten fertig zu werden." Der Vorsitzende der Partei der Europäischen Sozialisten, Poul Nyrup Rasmussen forderte Kommissar McCreevy auf, hier aktiv zu werden. Selbst der CDU-Abgeordnete Karsten Hoppenstedt fiel in diesen Chor ein und erklärte, dass die "Ursache der Krise in der Fehleinschätzung der Risiken der neuen Finanzinstrumente liege".

Recht haben sie, die Sozialdemokraten und auch die Christdemokraten im Europäischen Parlament! Es stellt sich hier nur die Frage, warum sie diese Forderungen nicht auch dann erheben, wenn es um die Formulierung von Positionen des Parlaments geht. Eine Gelegenheit dazu hatte es erst kürzlich auf der Sitzung im Juli 2007 gegeben, dort wurde der "Bericht über die Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 - Weißbuch" abgestimmt. Und die Berichterstatterin war jene Sozialdemokratin Van den Burg aus den Niederlanden, die jetzt nach Kontrollen und mehr Transparenz ruft. Doch in diesem Bericht fehlen die meisten dieser jetzt so vehement erhobenen Forderungen. Die von der Linksfraktion eingebrachten Änderungsanträge nach mehr Aufsicht und mehr Kontrolle von Hedge- und Equity-Fonds wurden seinerzeit , sowohl im ECON-Ausschuss als auch im Plenum, auch mit den Stimmen der SPE-Abgeordneten, abgelehnt. Stattdessen zogen es die Sozialdemokraten einmal mehr vor, auch in dieser Angelegenheit den Kompromiss mit Konservativen und Liberalen zu suchen. Radikal ist man offensichtlich nur dann, wenn es nichts kostet, wie etwa in der Aussprache des Parlaments am 5. September 2007.

(aw)

Sächsische Sumpfblüten

Wer die Berichte über die Vorgänge bei der sächsischen Landesbank in den letzten Wochen verfolgt hat, wurde unweigerlich an den Berliner Bankenskandal erinnert. In Berlin wie in Sachsen haben Bankvorstände und Politiker die (bis 2005 bestehenden) staatlichen Haftungsrisiken missbraucht, um ein großes Rad auf den internationalen Finanzmärkten drehen zu können. In beiden Fällen waren Korruption und Vetternwirtschaft an der Tagesordnung, wobei die Pleite jeweils durch riskante Immobiliengeschäfte von Landesbank-Töchtern mit Sitz in Dublin herbeigeführt wurde. Offen bleibt noch die Frage, ob auch in Sachsen der Bankenskandal das Ende der bislang regierenden großen Koalition besiegeln wird und in welchem Umfang die Allgemeinheit für den entstandenen Schaden wird büßen müssen.

Klar ist schon jetzt, dass der Schaden beträchtlich ist. Allein um die Fehlspekulationen der Dubliner Zweckgesellschaft Ormond Quay zu finanzieren, musste die Sachsen LB einen Überbrückungskredit der Sparkassen-Finanzgruppe in Höhe von 17,3 Mrd. € in Anspruch nehmen - eine Summe, die jene des sächsischen Landeshaushalts übersteigt. Kurze Zeit später wurde die Landesbank (die über ein Eigenkapital von 1,5 Mrd.€ und eine Bilanzsumme von 70 Mrd. € verfügt) in einer eiligen Nacht- und Nebelaktion für 300 Mio. € an die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) veräußert.  

Kein Wunder, dass dies im sächsischen Landtag für heftige Proteste sorgte. Nicht nur, dass die Abgeordneten über diesen folgenschweren Schritt nicht informiert wurden. Nicht nur, dass die sächsischen Kommunen fortan auf Ausschüttungen "ihrer" Bank verzichten und somit den Gürtel noch enger schnallen müssen. Auch der Kaufpreis von 300 Mio. € ist nicht das Hauptproblem - wohl aber die Klausel im Kaufvertrag, nach der sämtliche Risiken und Verluste bei den alten Eigentümern (d.h. in erster Linie dem Freistaat Sachsen) verbleiben.

Wie hoch die Verluste ausfallen werden, die man - wie im Fall Berlin - der Allgemeinheit überhelfen will, wird sich erst zum Jahresende zeigen, wenn die Bewertung der Landesbank abgeschlossen ist. Wie die schlechte Erfahrung lehrt, ist mit ein paar Milliarden € aber durchaus zu rechnen.

(lk)

Privatisierung von Landesbanken muss verhindert werden!

Fragt man, in welchem Umfang die deutschen Banken von der aktuellen Finanzkrise betroffen sind, so wird eins klar: Es sind diesmal vor allem öffentlich-rechtliche Banken, die aufgrund ihrer Verluste im Subprime-Geschäft unter massiven (Konsolidierungs- und Privatisierungs-)Druck geraten sind.

Da ist zum einen die mittelständische IKB, die Ende Juli als erste deutsche Bank von sich reden machte, da ihre Zweckgesellschaft mit dem irreführenden Namen "Rhineland Funding" insgesamt 17,5 Mrd. € in zweifelhafte Immobilienkreditprodukte gesteckt hatte. Die Deutsche Bank hatte es zuerst gemerkt und stieg aus; wenig später wurde eine kollektive Rettung der Bank organisiert, an der sich die gesamte deutsche Kreditwirtschaft beteiligte. Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie die privaten Banken sagten finanzielle Hilfen von maximal 3,5 Mrd. € zu - allerdings unter der Bedingung, dass die Bundesbeteiligung an der IKB in Höhe von 38 Prozent verkauft wird.

Als nächstes traf es die Sachsen LB, deren drei irische Tochtergesellschaften sich ebenfalls mit Milliardenbeträgen verspekuliert hatten, was kurzfristige Kredite des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes in Höhe von 17,3 Mrd. € und schließlich den eiligen Verkauf an die Landesbank Baden -Württemberg nach sich zog.

Inzwischen ist gar eine Diskussion um die Zukunft der West LB entbrannt, die sich im Eigenhandel mit Aktien verspekuliert und allein im ersten Halbjahr 2007 Verluste von über 600 Mio. € eingefahren hat. Wie das Handelsblatt berichtete haben Finanzinvestoren wie Flowers (dem es schon 2006 gelang, sich 26 Prozent der Anteile an der HSH Nordbank anzueignen) oder Cerberus, aber auch große Privatbanken wie die Commerzbank sowie "Banken aus dem Benelux-Raum" Interesse an einer Übernahme der WestLB geäußert. NRW-Ministerpräsident Rüttgers dürfte dies freuen. Zwar ist unwahrscheinlich, dass sich Rüttgers gegen den Willen des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands (RSGV) und des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbands (WLSGV) durchsetzen kann, welche zusammen knapp über 50 Prozent an der WestLB halten und für eine Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) eintreten.

Doch selbst wenn der Einstieg privater Investoren bei der WestLB verhindert werden kann - an der Krise und der tiefgreifenden Umwälzung des deutschen Systems der Landesbanken (welche eigentlich schon mit der Beinahe-Pleite der Berliner Bankgesellschaft einsetzte), ändert dies nichts.

Einem Artikel des Guardian zufolge ist nicht zuletzt die Europäische Kommission für die aktuelle Krise der Landesbanken verantwortlich: So mussten staatliche Garantien wie Anstaltslast und Gewährträgerhaftung (welche den Landesbanken gute Ratings und damit eine günstige Refinanzierung garantiert hatten) auf Druck der EU-Kommission 2005 abgeschafft werden. Um dem resultierenden Druck der Finanzmärkte Herr zu werden, tätigten viele Landesbanken daraufhin verstärkt Investitionen, die zwar höhere Renditen versprachen, aber auch mit höheren Risiken behaftet waren.

Das Ergebnis ist bekannt. Und mit Verweis auf die hohen Verluste sprechen sich nun interessierte Kreise für eine Privatisierung von Landesbanken aus - auch mit dem Argument, das deren Geschäfte sich ohnehin kaum noch von privaten Banken unterscheiden.

Dabei wäre das Gegenteil vernünftig: Statt sich am Vorbild der privaten Banken zu orientieren (bzw. orientieren zu müssen), sollte der öffentliche Charakter der Landesbanken betont und über eine verbesserte demokratische Kontrolle verwirklicht werden - mit dem Ziel, die Geschäftspolitik wieder auf die Finanzierung regionalpolitisch wichtiger Investitionen zu konzentrieren.

(lk)

Stadtwerke in öffentliche Hand!

Seit dem 3. September 2007 läuft der Countdown: Unter dem Motto "Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt!" werden in Leipzig Unterschriften gegen den Verkauf von 49 Prozent der Anteile an den Leipziger Stadtwerken gesammelt. Zum Start des Bürgerbegehrens, welches von der Anti-Privatisierungs-Initiative-Leipzig vorbereitet wurde, erklärt die Europaabgeordnete und Mitglied des Vorstands der Partei DIE LINKE, Sahra Wagenknecht:

"Die Frage, wer für die Energie und Wasserversorgung sowie den öffentlichen Personennahverkehr Sorge trägt, ist nicht nur für die Menschen in Leipzig von enormer Bedeutung. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben zur Genüge gezeigt, was passiert, wenn Leistungen der Daseinsvorsorge privatisiert werden: Die Preise steigen, Arbeitsplätze werden abgebaut und durch Billigjobs ersetzt, Investitionen werden reduziert, und in der Regel leidet auch die Qualität und Verfügbarkeit der notwendigen Güter und Dienste.

Hinzu kommt, dass Stadtwerke zu den größten Gewinnbringern unter den städtischen Unternehmen zählen. Wer fortan auf diese Gewinne verzichten will, nur um kurzfristig Haushaltslöcher stopfen zu können, handelt kurzsichtig und unverantwortlich! Eine Reihe Kommunen kämpfen inzwischen darum, vergangene Privatisierungen rückgängig zu machen, weil sie sich als destaströs für öffentliche Finanzen wie für private Haushalte erwiesen haben. Wo es gelungen ist, diese Leistungen wieder in kommunale Eigenregie zu übernehmen, konnten Gebühren in der Regel gesenkt und zugleich die öffentlichen Haushalte entlastet werden.

Wer kommunale Handlungsspielräume langfristig erhalten will, wem ein kostengünstiger ÖPNV und eine ökologische Energiepolitik wichtig ist, und wer der Ansicht ist, dass Wasser keine Ware sein darf, sollte sich auch gegen die Teilprivatisierung von Stadtwerken engagieren. Der Privatisierungswahn ist nicht alternativlos, er lässt sich stoppen wie das erfolgreiche Bürgerbegehren in Freiburg gegen die Verschleuderung von Wohnungen gezeigt hat. Es ist wichtig, dass dieses Beispiel Schule macht. Daher ist es dringend notwendig, dass die Linke ebenso wie in Leipzig auch andernorts Volksbegehren gegen Privatisierungsuntaten und für die Rekommunalisierung öffentlichen Eigentums mit aller Kraft unterstützt!

Statt den Privatisierungsdruck auf Stadtwerke zu erhöhen – wie es auch die Landesregierung in NRW mit der geplanten Änderung der Gemeindeordnung plant – sollte über die Vergesellschaftung übermächtiger Energiekonzerne nachgedacht werden! Es muss endlich Schluss sein mit der schamlosen Ausnutzung von Monopolmacht zu Lasten der Verbraucher und der Umwelt. Nicht nur die Stadtwerke, alle Energiekonzerne gehören in öffentliche Hand und müssen transparent, demokratisch und unter sozialen Gesichtspunkten geführt werden!"

Redaktion

Impressum

Sahra Wagenknecht

MdEP, Koordinatorin für die Fraktion GUE/NGL im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments

Parlament Européen
Rue Wiertz, ASP 6F258
B-1047 Brüssel
Belgien
fon: +32-2-284 56 19
fax: +32-2-284 96 19

Newsletter verwalten

Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr erhalten möchten, schicken Sie einfach eine E-Mail.